Unter den Aktenzeichen 7 C 26.16 und 7 C 30.17 hat das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG) bekanntlich am 27.02.2018 entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen Kommunen berechtigt sind, Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge auszusprechen.

Je nach Standpunkt wird die Entscheidung als Sieg des Umweltschutzes begrüßt oder als Irrsinn mit höchstrichterlichen Segen bezeichnet. Wir wollen an dieser Stelle nicht völlig auf eine politische Kommentierung der Entscheidung verzichten, aber vor allen Dingen auf ein paar Fakten aufmerksam machen.

Unmittelbar betroffen von der Entscheidung sind die Kommunen Stuttgart und Düsseldorf,die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zur Einhaltung der Luftreinhaltenormen verklagt wurden, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge zu verhängen. Bund und Bundesländer haben die Auffassung vertreten, dass Kommunen hierzu nichtberechtigt sind.Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass Kommunen unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sind (ggf. auch verpflichtet sind), Fahrverbote auszusprechen,wenn nur so die entsprechenden Normen eingehalten werden können.

Die Entscheidung bezieht sich explizit auf Fahrverbote, aber im Prinzip hätte man sich auch mit der Frage auseinandersetzen können, ob beispielsweise eine Verpflichtung bestehen könnte, schadstoffintensive Produktionsstätten zu schließen.Offenbar war man in den Verfahren der Ansicht, dass in erster Linie Kraftfahrzeuge für die in einigen wenigen Kommunen zu hohe Schadstoffbelastung verantwortlich sind.

Zwar geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass eine Fahrverbotsentscheidung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten habe, wie dies jedoch im Einzelnenauszusehen hat, beantwortet das Gericht nicht.Unstreitig hat die Luftqualität auch in Großstädten in Deutschland in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Dies spielt jedoch bei der Gerichtsentscheidung keine Rolle, da es lediglich um den (seltenen) Fall ging, in dem Normen überschritten werden.Dem Gericht war durchaus bewusst, dass die Entscheidung weitreichende Folgen haben kann, die weit über die konkreten Einzelfälle hinausreichen.

Dem Gericht war offensichtlich auch bewusst, dass die Entscheidung erhebliche finanzielle Auswirkungen haben kann, selbst wenn es tatsächlich nicht zu Fahrverboten käme, soweitdie Luftqualität auch auf anderem Wege die EU-Normen erfüllen würde.Alleine die Feststellung, dass Kommunen berechtigt sind, Fahrverbote auszusprechen, die sich in erster Linie gegen Dieselfahrzeuge richten, wird zu einem unmittelbaren Wertverlust der Dieselfahrzeuge führen.

Genau an dieser Stelle ist der Sachverständige unmittelbar mit der Thematik konfrontiert. Die Ermittlung der Restwerte bei Dieselfahrzeugen, die mit dem prognostizierten Restwert nicht mehr in Einklang stehen dürften, die Ermittlung von Wiederbeschaffungswerten, die Indiz für den Preisverfall sein könnten, oder die Ermittlung einer merkantilen Wertminderung sind besondere Herausforderungen für den Kfz-Sachverständigen nach dieser Entscheidung. Zwar hat das Gericht finanzielle Auswirkungen erwähnt, diese jedoch fälschlicherweise auf „hinzunehmende Wertverluste des einzelnen Verbrauchers“ bezogen.

In erster Linie nachteilig betroffen sein dürften jedoch die Händler, die im Vertrauen auf die Beständigkeit der Politik bei Dieselmodellen häufig keine Restwertabsicherung abgeschlossen haben und die nun hunderttausende Dieselfahrzeuge zu Werten zurücknehmen müssen, die nicht den ursprünglichen Vorstellungen entsprechen können.Betroffen sind auch die Automobilhersteller, die Produktionsprozesse und Lieferketten aufeinen bestimmten Prozentsatz Dieselfahrzeuge konzipiert haben und die nun mit erheblichem Aufwand diese Prozesse umstellen müssen.Betroffen sind Flotten, die Fahrzeuge selbst erworben haben und nicht den Fuhrpark mit Leasingfahrzeugen betreiben.

Die Entscheidung wird jetzt schon mit missbraucht von Ideologen, die den Kampf gegen das Automobil seit Jahrzehnten mit Inbrunst betreiben.Missbraucht werden wird die Entscheidung aber auch durch die Politik, die nun lautstark die Übernahme der Kosten für einen sogenannte Hardware-Nachrüstung durch die Hersteller fordert, obschon allen Fachleuten bekannt ist, dass eine Nachrüstung der Hardware eben nicht so einfach darstellbar ist, wie dies von interessierter Seite suggeriert wird.

Im Übrigen haben nicht die Automobilhersteller die Normen der Abgaszulassung zu verantworten, sondern die Politik, die ganz bewusst diese Art der Überprüfung gewählt hat. Selbst die Umwelt, um die es doch eigentlich gehen sollte, dürfte von dieser Entscheidungnicht profitieren – weder national noch global. Ältere Dieselfahrzeuge werden verstärkt im Ausland abgesetzt werden, während Fahrzeuge von Handwerksbetrieben, Paketzustellern oder öffentlichen Verkehrsmitteln dank Ausnahmeregelungen weiter die Innenstädte befahren. Darüber hinaus war seit Jahren klar, dass nur mit einem hohen Dieselanteil die ambitionierten CO2-Ziele zu erreichen sind. Nicht zuletzt das war ein Grund für staatliche Subventionen des Dieselfahrzeuges, die im Übrigen im Autoland Japan vor kurzem wiedereingeführt wurden.

Insgesamt ist es schon erstaunlich, mit welcher Gleichgültigkeit Milliardenwerte vernichtet werden und wie selbstverständlich es zu sein scheint, dass ohne schlechtes Gewissen von einer Enteignung der Eigentümer von Dieselfahrzeugen gesprochen wird.Dass man zudem den Vorsprung in der Dieseltechnologie am Weltmarkt verspielt, statt sich darauf zu konzentrieren, Dieselmotoren sauberer zu machen, ist nur noch ein Randaspekt. Wenn man sich vorstellt, dass jährlich ca. 3 Mio. Pkw neu zugelassen werden, würde dies bedeuten, dass in nur einem Jahrzehnt mehr als 30 Mio. Pkw modernste Abgastechnikaufweisen.

Stattdessen unterhalten wir uns über Fahrverbote in Düsseldorf und Stuttgart und nehmen achselzuckend in Kauf, dass eine Motorentechnologie verteufelt wird, die noch vor Jahren als Klimasegen galt. Man muss befürchten, dass der Kampf gegen Dieselfahrzeuge nur der Vorbote des Kampfes gegen das Automobil ganz allgemein ist. Die Folgen für unsere Wirtschaft und eben auch für unsere Umwelt werden erheblich sein.